Forderungen an den Freiwilligendienst!

27. November 2009 Keine Kommentare

Vor kurzem hat sich eine neue Regierung gebildet und natürlich wird es voraussichtlich auch einige Änderungen im internationalen Freiwilligendienst geben. Um das ganze in die richtige Richtung zu lenken, hat der Verein Grenzenlos e.V. ein 10 Punkte Papier an viele Politiker verschickt. Damit diese Forderungen eine möglichst große Menge an Leuten erreichen, möchten wir das 10-Punkte Papier auch hier veröffentlichen:

  1. grenzenlos, die Vereinigung internationaler Freiwilliger, begrüßt das Vorhaben der neuen Bundesregierung, die Jugendfreiwilligendienste qualitativ und quantitativ auszubauen. Ein Schwerpunkt ist dabei auf die internationalen Dienste zu legen. Insbesondere bei den internationalen Diensten wird damit einer großen Nachfrage von Seiten jüngerer Menschen entsprochen.
  2. Nationale und internationale Jugendfreiwilligendienste verfolgen in vielen Punkten gleiche Ziele. Sie bieten einen verbindlichen Rahmen für nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement junger Menschen und sind oftmals Ausgangspunkt erneuter und langanhaltender gesellschaftlicher Partizipation. Ist die Zielsetzung noch nahezu identisch, so unterscheiden sich nationale und internationale Freiwilligendienste in der administrativen Umsetzung fundamental. Auf der einen Seite begrüßen wir das Vorhaben, die Kohärenz zwischen den unterschiedlichen Förderprogrammen zu steigern. Erzwungene einheitliche Strukturen und Gesetze für nationale und internationale Dienste vermindern das Potential beider Formen jeweils enorm und eine rein an den nationalen Diensten orientierte Gesetzgebung macht die internationalen in vielen Fällen unmöglich. Um insbesondere den Anforderungen internationaler Dienste gerecht werden zu können, ist eine klare und detaillierte Unterscheidung zwischen internationalen und nationalen Freiwilligendiensten notwendig.
  3. Zugleich ist es der Vielfältigkeit der Freiwilligendienste nicht zuträglich, sollte eine Förderung nur über eine zentrale Stelle erfolgen. Um die bestehende Themenvielfalt nicht zu beschneiden sondern auszubauen, ist es ausdrücklich zu begrüßen, wenn Mittel für ökologisch, soziale, kulturelle oder entwicklungspolitische Freiwilligendienste gesondert und thematisch angepasst bereitgestellt werden.
  4. Freiwilligendienste sind Lerndienste. Der Status der Freiwilligen muss sich daher klar an den Anforderungen eines Lernenden orientieren. Die größtmögliche Absicherung und Vorsorge ist anzustreben, ohne das die Lernerfahrungen eines Freiwilligendienstes verringert werden. Jugendfreiwilligendienste und dabei insbesondere die internationalen, müssen sich daher in ihrem Status klar von einem Arbeitsverhältnis abgrenzen, zusätzliche Freiheiten ermöglichen und den Aspekt des Lernen stärker betonen. Der Status sollte dem anderer Lernender, also Schülern oder Studenten, gleichen.
  5. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnise für internationale Freiwillige sind abzulehnen. Den Freiwilligen entstehen durch die Sozialversicherungen keine oder nur äußerst geringe Vorteile und Leistungsansprüche. Ihr Status als Beschäftigte ist ihnen während des eigentlich als Lerndienst konzipierten Freiwilligendienstes hinderlich und auch die Durchführung des Freiwilligendienstes selber wird qualitativ und quantitativ signifikant eingeschränkt. Der zusätzliche administrative Aufwand benachteiligt insbesondere kleine Entsendeoganisationen. Wie kann es sein, dass jungen Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren, zusätzlich noch finanzielle Beiträge abverlangt werden? Eine Fortsetzung des verdeckten Transfes in die Sozialkassen auf Kosten internationaler Freiwilligendienste und auf den Schultern der Freiwilligen ist zu verhindern.
  6. Das Trägerprinzip ist wesentlicher Teil des Erfolges der Jugendfreiwilligendienste – wir unterstützen diese Struktur ausdrücklich und setzen uns für eine weitere Stärkung dieses Prinzips ein. Den oftmals divergierenden Ansprüchen der Projektpartnern können die einzelnen Träger so durch angepasste Angebote gerecht werden. Auch die Freiwilligen profitieren von einer solchen spezifischen Ausrichtung somit unmittelbar.
  7. Jugendfreiwilligendienste stellen eine bewährte Form des nachhaltigen und verbindlichen Engagements junger Menschen dar. Die klar definierten Rahmenbedingungen tragen zum Erfolg dieses Formats bei. Dank der Tätigkeit in zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Abgrenzung zur Erwerbstätigkeit und aufgrund von Umfang und Dauer der Beteiligung, haben Jungendfreiwilligendienst den Ruf eines ernsthaft betriebenem, qualitativen, wirkungsvollen und hoch verbindlichem Engagements. Diese Qualitätsmerkmale gilt es weiter auszubauen, beispielsweise, indem eine bessere Abgrenzung zu einem Praktikum oder einer Berufsausbildung möglich wird. Insbesondere eine kritische Betrachtung der verschiedenen Tätigkeiten in den Projekten und der Zielsetzung der unterschiedlichen Dienststellen, halten wir für dringend geboten. Ein Ausbau der Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe und eine stärkere Ausrichtung hin zum Lerndienst muss parallel zur rein quantitativen Erweiterung zentrale Ziele werden.
  8. Das Engagement der jungen Menschen begründet sich in vielen Fällen aus der persönlichen Überzeugung, dass die Tätigkeit inhaltlich unterstützenswert ist und die Struktur eines Jugendfreiwilligendienste den passenden Rahmen bietet. Um den Erfolg der Jugendfreiwilligendienste zu erhalten, sind daher partizipative Strukturen aufzubauen und zu stärken, die es den Freiwilligen auf allen Ebenen ermöglichen ihren Freiwilligendienst bzw. die Jugendfreiwilligendienste allgemein, mitzugestalten. Von Freiwilligen getragene Strukturen der Mitbestimmung, vergleichbar zu Schülervertretungen oder Studierendenvertretungen sind explizit zu fördern.
  9. Das besondere persönliche Engagement junger Menschen im Rahmen eines Jugendfreiwilligendienstes ist gebührend anzuerkennen. Eine solche Anerkennungskultur muss beispielsweise durch eine Verpflichtung aller Träger zur Ausstellung persönlicher Abschlusszeugnisse ausgebaut werden. Zudem kann durch spezifische, an den Bedürfnissen von Absolventen ausgerichtete Bildungsangebote eine Anerkennung zugleich mit einer Förderung erneutem Engagements verbunden werden.
  10. grenzenlos begrüßt jede stärkere Ausrichtung der Jugendfreiwilligendienste als „Lerndienst“. Internationale Freiwilliegendieste können dem Ziel des voneinander Lernens auf Dauer jedoch nur gerecht werden, wenn auch ein Incoming/Reverse-Programm aus dem Ausland nach Deutschland im signifikanten Umfang möglich ist.

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