Archive for März, 2010

Wird Weltwärts komplett verstaatlicht?

31. März 2010 No Comments

In der letzten Weltwärts Beiratssitzung wurde eine gewisse Skepsis gegenüber der großen Trägerlandschaft geäußert. Aber gerade diese Vielfalt an unterschiedlichen Trägern bringt für die Freiwilligen auch enorme Vorteile. Jeder Verein setzt für sich andere Schwerpunkte und Ziele, was sich unter anderen auch in der Projektauswahl und in der Freiwilligenbetreuung zeigt. Für die Freiwilligen gibt es dadurch eine große Auswahlmöglichkeit um das beste zu ihnen passende Projekt zu finden. Auch die Betreuung der Freiwilligen ist bei einem kleinen Verein meist wesentlich besser und persönlicher, als es bei einer großen Organisation der Fall sein kann. Diese Vielfalt in der Trägerlandschaft ist also eigentlich etwas, was man schützen sollte.

Leider scheint es unsere Bundesregierung und das BMZ aber etwas anders zu sehen. Erst vor kurzen hat Bundesminister Dirk Niebel das Ziel verkündet, den Anteil der Weltwärts Entsendungen vom DED (Deutscher Entwicklungsdienst) auf 1.000 Stellen pro Jahr zu erhöhen.
Der DED nimmt innerhalb der Weltwärts Entsendeorganisationen eine gewisse Sonderstellung ein. Zum einen fungiert er wie alle anderen Weltwärts Organisationen auch, als normaler Träger, zum anderen ist der DED mit dem Weltwärts Sekretariat aber auch direkt politisch an dem Weltwärts Programm beteiligt.

Im kommenden Jahr wird es vermutlich 3000 bis 3500 Weltwärts Entsendungen geben. Wenn alleine der DED 1000 Entsendungen vornimmt, sind somit ca. 33% aller Freiwilligen beim DED, einer staatlichen Organisation. Rein offiziell ist auch der DED eine unabhängige gemeinnützige Gesellschaft, allerdings ist die Bundesregierung Deutschland mit 95% Anteilen der Hauptgesellschafter.

Kritisch ist auch die Anzahl der Entsendungen an sich zu sehen. Wenn der DED wirklich 1000 Freiwillige entsenden wird, wovon auszugehen ist, müssen sie 400 neue Stellen schaffen. Durch die aktuelle Budgetkürzung im Weltwärts Programm sieht es aber aktuell so aus, dass insgesamt bis zu 500 Stellen gestrichen werden müssen. Wenn der DED also wirklich so viele neue Stellen erschließen sollte, kann dies nur zur den Lasten der kleineren Träger gehen.

Ergänzung:
Für 2011 werden vom DED 1500 Entsendungen geplant.

FSJ im Ausland – wie geht es weiter?

31. März 2010 No Comments

In der letzten Zeit wurde durch unzählige Anfragen von Freiwillige und Vereine, starker politischer Druck auf verschiedene Bundestagsabgeordnete und Fraktionen ausgeübt. Unter anderen dadurch waren die Politiker gezwungen eine Stellung zur der geplanten Änderung des FSJ und des FSJ im Ausland abzugeben.

Geplant ist weiterhin die Streichung der zusätzlichen Förderung für Personen welche das FSJ als Zivildienst machen wollen. Im Ausgleich dazu soll eine generelle Förderung aller Freiwilligen geschaffen werden.

Für Freiwillige welche bereits in diesem Jahr ihren FSJ Dienst als Zivildienst Ersatz antreten wollen, wird eine Übergangsregelung geschaffen. Dafür wird von dem Staat ein extra Budget im Rahmen einer Übergangsförderung zur Verfügung gestellt. Eine Besonderheit für die Vereine ist allerdings, dass alle Einsatzplätze welche entsprechend §14c ZDG (FSJ) anerkannt waren, jetzt auf §14b ZDG (ADIA) umgeschrieben werden müssen. Vereine die für den ADiA (Anderer Dienst im Ausland) noch keine Anerkennung haben, müssen diese schnellstmöglich beim BMFSFJ (Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend) beantragen.

Ab dem 1.1.2011 soll es dann eine neue Förderrichtlinie für den Freiwilligendienst im Ausland geben. Diese Förderung erfolgt pauschal und wird vermutlich 250 Euro pro Monat betragen. Außerdem stehen den Freiwilligen auch weiterhin eventuelle Kindergeldansprüche zu. Die Vereine müssen für die Freiwilligen keine Sozialversicherungsbeiträge mehr zahlen, was gegenüber der aktuellen Regelung beim FSJ eine große Erleichterung darstellt.

Zwischenseminar – Urlaub für Teamer?

29. März 2010 No Comments

Oft wird das Weltwärts Zwischenseminar im Gastland des Freiwilligen abgehalten und extra dafür müssen mehrere Teamer aus Deutschland anreisen um das Zwischenseminar zu leiten. Für die Teamer ist dies natürlich eine super Möglichkeit einmal aus Deutschland raus zu kommen und etwas Neues zu erleben – also kurz Urlaub zu machen und nebenbei ein bisschen zu arbeiten.

Aber ist das ganze wirklich so? Viele Teamer geben sich gegenüber den Freiwilligen zumindest große Mühe diesen Eindruck zu hinterlassen, denn in einem Seminar ist nichts schlimmer als ein gestresster Teamer. Der relaxte Eindruck den man von Teamern meistens hat, ist also durchaus gewollt. In der Realität kann es aber ganz unterschiedlich sein.

Erst gestern bin ich von einem Zwischenseminar in Zentralasien wieder gekommen, welches ich zusammen mit einer Kollegin geleitet habe. Da alleine der Flug pro Nase über 600 Euro kostet, versucht man natürlich das Zwischenseminar auch noch mit anderen beruflichen Aktivitäten zu verbinden. In meinem Fall war dies die Besichtigung vorhandener und neuere Projekte, die Regelung diverser Vertragsänderungen mit lokalen Kontaktpersonen etc.
Hinzu kam auch noch, dass das Zwischenseminar etwas anders verlaufen ist als erwartet. Normalerweise gibt es auf einem Weltwärts Zwischenseminar sehr viel Diskussionsbedarf unter den Freiwilligen über die verschiedenen Inhalte und Formen des Freiwilligendienstes. In diesem Fall bestand zwischen den Freiwilligen aber ein sehr starker Bund, so dass sie innerhalb der letzten Monate fast immer zusammen waren und über all diese Sachen schon tausendmal geredet haben. Nach dem ersten Tag mussten wir also unser komplettes Konzept über den Haufen werfen und ein neues erstellen. Anstelle der üblichen Zwischenseminarthemen sind wir dann mehr in Richtung Freiwilligen-Politik abgedriftet. Dies war sowohl für uns wie auch für die Teilnehmer neu. Ich habe mich aber sehr gefreut, dass alle Teilnehmer sehr gut mitgearbeitet haben und auch Interesse an diesem Thema gezeigt haben. Im Endeffekt wurde das Seminar für all Erfolgreich abgeschlossen.

Dadurch das wir aber das ganze Konzept neu erstellen mussten und ich nebenbei auch noch andere Verpflichtungen hatte, war das ganze doch etwas stressig. Ein typischer Arbeitstag begann bei mir 6:30 früh und endete gegen 23:00 Uhr abends – auch am Wochenende. Gerade die letzten paar Tage (das Seminar war bereits beendet) waren aufgrund der Arbeit von schlaflosen Nächten geprägt. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland bin ich eigentlich nur noch in das Bett gefallen und habe laaange geschlafen.

Natürlich hängt es davon ab, was man neben den Seminar noch machen muss und in nur wenigen Fällen ist der Arbeitsaufwand so groß wie dieses mal, aber ein Zwischenseminar ist leider nicht für jeden Teamer immer auch ein Urlaub.

Werden Weltwärts Stellen gestrichen?

5. März 2010 No Comments

Erst vor wenigen Tagen wurde die Kürzung der Gelder für Weltwärts bekannt gegeben und jetzt werden nach und nach die tatsächlichen Wirkungen des Beschlusses sichtbar.

Das Weltwärts Referat hat in einer Sitzung des Weltwärts Beirat angegeben, dass es im Jahr 2010 vermutlich 3000 bis 3500 Ausreisen geben wird. Auf dem ersten Blick klingt das sicherlich viel, im Jahr 2009 gab es aber bereits 3525 Weltwärts Freiwillige.
Das heißt also, dass im schlimmsten Fall mehr als 500 Plätze gestrichen werden.
Wenn man jetzt noch bedenkt, dass 2010 die Weltwärts Stellen eigentlich um 1000 bis 1500 Plätze wachsen sollten, dann sieht das ganze noch Schlimmer aus. Den für viele dieser geplanten Plätze haben die Freiwilligen schon eine Zusage von den Trägervereinen bekommen, welche sich auf die Bundesregierung verlassen haben. Wir können also nur hoffen, dass am Ende nicht mehrere hunderte Freiwillige ihren Dienst nicht Antreten können.

Um welche Stellen es sich dabei handeln wird steht noch nicht fest. Das Weltwärts Referat hat betont, dass man derzeit noch keine Prognose über die tatsächliche Anzahl möglicher Entsendungen abgeben kann. Wir hoffen, dass die ersten Auskünfte darüber Anfang April vorliegen werden.

Kürzerer Zivildienst – Freiwillig verlängern?

4. März 2010 No Comments

Obwohl die Kürzung des Zivildienstes immer noch nicht beschlossen ist, gibt es bereits jetzt viele unterschiedliche Diskussionen wie man den Wegfall der bisherigen Zivildienstleistenden ausgleichen kann.

Die Variante welche aktuell am meisten im Gespräch ist, ist eine Freiwillige Verlängerung des Zivildienstes. Die CDU möchte Zivildienstleistenden durch diese Option die Möglichkeit geben länger in ihren Projekten zu bleiben. Wer sich dafür entscheidet bekommt weiterhin denselben Zivildienstlohn wie in seinem letzten Zivildienstmonat.
Das ganze orientiert sich an der freiwilligen Verlängerung der Wehrpflicht – mit einem Unterschied. Wer sich entscheidet länger als die verpflichtete Zeit in der Armee zu bleiben, bekommt mehr Gehalt. Wer sich entscheidet länger Zivildienst zu machen nicht. Meiner Meinung nach versucht die CDU damit ein Modell zu schaffen, um die billigen Zivi-Arbeitskräfte weiter zu halten. Außerdem besteht durch so ein System die Gefahr, dass der Zivildienst sich weiter etabliert und eine komplette Abschaffung schwieriger wird.

Die FDP hat dagegen mit einem anderen Vorschlag aufgewartet. Anstelle einer freiwilligen Verlängerung soll ein eigenes Freiwilligenprogramm gestartet werden, mit welchen alle Jugendlichen die Möglichkeit haben in den Projekten zu arbeiten (also auch Frauen und nicht Wehrpflichtige). Dieser Vorschlag klingt eigentlich ganz gut. Die Frage ist nur, wie lange die liberalen Reihen in dieser Frage geschlossen bleiben. Denn bereist jetzt heißt es aus den eigenen Reihen, dass einer Verlängerung des Zivildienst bei einer Sold Anpassung an die Bundeswehr OK ist.

Gespannt darf man auf den hoffentlich bald vorliegenden Vorschlag der SPD bleiben, welche für “mehr Freiwilligkeit im Wehrdienst und eine Stärkung der Freiwilligendienste” plädiert.

Weniger Geld für Weltwärts – 25% Kürzung!

3. März 2010 1 Comment

Erst gestern haben wir über Streichungen der Förderung für das FSJ im Ausland berichtet und heute schon müssen wir euch mitteilen, dass auch bei Weltwärts extreme Kürzungen geplant sind.

Bei den Kürzungen handelt es sich auch nicht um ein paar Euro, sondern um satte 11 Millionen Euro. Das sind Einsparungen von mehr als 25% des ursprünglich geplanten Budgets. Es gibt also wesentlich weniger Geld für Weltwärts als ursprünglich von der Regierung versprochen.

Du diese Entscheidung sind viele Entsendeorganisationen geschockt und auch die Folgen für viele Freiwillige können dramatisch sein. Es gilt nämlich zu befürchten, dass viele bereits zugesagte Entsendungen nicht mehr durchgeführt werden können.

Für dieses Jahr war ein anwachsen des Weltwärts Projekt um 1500 neue Stellen geplant und die Entsendeorganisationen haben sich auf die Versprechen der Bundesregierung verlassen. Diese plötzliche Streichung ist für viele Projekte vernichtend. Auch wurden vorab keine Entsendeorganisationen gefragt, eher im Gegenteil, es wurden sogar Versprechungen gemacht. Dieser miserable Politikstiel der CDU und FDP Regierung kann dazu führen, dass das Programm in diesem Jahr nicht wie geplant durchgeführt werden kann und viele Absagen auf die Freiwilligen zukommen werden.

Ursprünglich war geplant 10.000 Stellen im Weltwärts Programm zu schaffen. Aktuell gibt es ca. 3500 Stellen und es werden wohl auch nicht mehr werden. Jetzt warten alle Vereine auf eine klare Ankündigung vom Entwicklungsminister Dirk Niebel, wie er sich die Zukunft des Freiwilligendienstes “weltwärts” vorstellt, um sicherzustellen, dass die bisher getätigten Investitionen auch für die Zukunft bestmöglich genutzt werden können.

Das FSJ im Ausland stirbt!

2. März 2010 No Comments

Politisch tut sich in der Freiwilligen Szene zurzeit sehr viel, leider aber nur wenig Gutes. Zwar gibt es noch nichts konkretes, aber wenn man den Gerüchten glauben darf, wird momentan der Tot des FSJ im Ausland eingeleitet.

Für das FSJ im Inland gibt es staatliche Förderungen, welche diesen Freiwilligendienst überhaupt erst möglich machen. Rein theoretisch sollte es für das Ausland genauso sein. Was viele Freiwillige aber nicht wissen ist, dass diese staatliche Förderung bereits jetzt in manchen Bundesländern nicht mehr vorhanden ist. Das heißt es werden genau 0 Euro für das FSJ im Ausland bezuschusst.

Eine Ausnahme stellen dabei die Zivildienstpflichtigen da. Wer sein FSJ im Ausland als Zivildienst Ersatz gemacht hat, wurde vom Staat bezuschusst. Diese Bezuschussung wurde in der Vergangenheit von vielen Vereinen genutzt, um auch Frauen und nicht Wehrdienstpflichtigen Männern ein FSJ im Ausland zu ermöglichen.

Das FSJ im Ausland wurde für Zivildienstpflichtige bisher mit ca. 6 Mio. Euro im Jahr gefördert. Die gesetzliche Grundlage für diese Förderung soll im Rahmen der Zivildienst Reformierung gestrichen werden. Ohne diese Förderung ist die Durchführung eines FSJ im Ausland aber nicht mehr möglich, denn zusätzlich zu den für das FSJ im Ausland hohen Kosten für Seminare und Betreuung fallen in Form von Sozialversicherungsbeiträgen auch immense Ausgaben an den Staat an.

Begründet wird die Streichung der Zuschüsse, wie immer mit der finanziellen Notlage des Haushaltes – das Geld geht aus. Wenn man aber bedenkt, dass alleine durch die Kürzung des Zivildienstes im Inland über 100 Millionen Euro jedes Jahr gespart werden, kann man sich ruhig fragen wo das ganze Geld verschwindet. Wo wissen wir auch nicht, aber anscheinend nicht an den Stellen wo es gebraucht wird.

Noch ist diese Gesetzesänderung nicht offiziell. Sobald sie aber offiziell bekannt gegeben wird, ist es zu spät. Wir brauchen deswegen jetzt DEINE Unterstützung um noch rechtzeitig einzugreifen. Informiere deine Freunde und Bekannte über diese Änderung! Mache auf das Problem aufmerksam und verlinke diesen Artikel in Foren, in Blogs, bei StudiVZ und bei Facebook!

Die Kampagne engagiert.weltweit! setzt sich aktiv gegen Kürzungen bei internationalen Freiwilligendiensten ein und bietet auf ihrer Homepage auch eine Briefvorlage, mit welcher du deine Meinung zu diesem Thema den Politikern im Bundestag kundgeben kannst.
-> Zur Kampagne engagiert.weltweit!

Die Kampagne war ein Erfolg, bitte keine weiteren Briefe mehr senden!
-> aktuelle Infos

Wehrpflicht abschaffen – Freiwilligendienste fördern

1. März 2010 3 Comments

Vor wenigen Tagen hat die Zentralstelle KDV eine groß angelegte Petition gestartet, in welchen der Bundestag aufgefordert wird die Wehrpflicht auszusetzen und stattdessen Freiwilligendienste stärker zu fördern.

Jeder der dieses Ziel unterstützen möchte, wird gebeten die Petition zu unterschreiben. Dies geht ganz schnell und Problemlos Online:

-> zur Petition

Zusammen mit allen Unterschriften wird den Petitionssausschuss eine 147 Seiten lange Begründung für die Abschaffung der Wehrpflicht vorgelegt. Die wichtigsten Punkte aus diesem Dokument findet ihr hier kurz zusammengefasst:

1. Historischer Befund
Zwar entwickelte sich die moderne Wehrpflicht während der Französischen Revolution, um die neu errungene Freiheit zu verteidigen. Dennoch wurde sie im Laufe der Zeit zum Zwecke der Kriegsführung missbraucht. Bereits Napoleon verfügte durch die Wehrpflicht über ein Massenheer, das ihm den Krieg überhaupt erst ermöglichte. In Preußen wurde sie 1814 eingeführt und konnte den Ersten Weltkrieg nicht verhindern. Dass im Zweiten Weltkrieg überwiegend Wehrpflichtige Kriegsdienst geleistet haben, muss an dieser Stelle nicht näher erläutert werden. Insofern ist der These Theodor Heuss, die Wehrpflicht sei das legitime Kind der Demokratie, nicht zuzustimmen. Die Wehrpflicht vermag weder eine bestimmte Staatsform zu stärken, noch kann einem Land die Demokratie abgesprochen werden, weil sie über Freiwilligenstreitkräfte verfügt.

2. Sicherheitspolitische Lage
Seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes im Jahre 1989/90 muss allerdings erneut nach der Legitimation der Wehrpflicht gefragt werden. Deutschland hat sich wiedervereinigt und die Streitigkeiten zwischen Russland und den USA sind beigelegt. Ein Angriff konventioneller Streitkräfte ist, auch nach Einschätzung des BMVg, unwahrscheinlich. Der neue Auftrag der Bundeswehr findet sich nunmehr in der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Dies sind jedoch Einsätze, die überwiegend professionelle Soldaten voraussetzen und im Ausland zu bewältigen sind.

3. Juristischer Befund
Die Wehrpflicht findet ihre Legitimation in einer Kann-Bestimmung des Art. 12a I GG. Dadurch ist dem Gesetzgeber die Einführung des Wehrpflichtgesetzes eröffnet worden. Es steht dem Gesetzgeber allerdings frei, ob er die verfassungsrechtlich gewährleistete Landesverteidigung auf der Basis von Wehrpflicht- oder Freiwilligenstreitkräften realisieren möchte. Der Einsatz Wehrpflichtiger im Ausland ist verfassungsrechtlich verwehrt. Die Wehrpflicht ist unter der sicherheitspolitischen Lage nicht mehr erforderlich und scheitert somit am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die immer fortwährend steigenden KDV-Quoten lassen vermuten, dass ein Vollzugsdefizit vorliegt. Die Wehrpflicht steht unter dem Gebot der Wehrgerechtigkeit aus Art. 3 I GG. Es muss eine Lasten- und Pflichtengleichheit existieren, damit die Wehrpflicht auch weiterhin aufrechterhalten werden kann. Die immer weiter gefassten Ausnahmebedingungen, sowie die Abschaffung des Tauglichgrades 3, nehmen aber einen großen Personenkreis von der Wehrpflicht aus. Die Wehrgerechtigkeit kann nicht gewahrt werden, wenn nur ca. 1/3 eines wehrpflichtigen Jahrgangs den Wehrdienst tatsächlich antritt. Nach dem Urteil des EuGH und der Neufassung des Art. 12a IV 2 GG dürfen Frauen Dienst in den Streitkräften leisten; sie werden allerdings nicht verpflichtet, wodurch eine Ungleichbehandlung entsteht, die ggf. juristisch vertretbar, rechtpolitisch aber sehr fragwürdig ist. Eine oft proklamierte Allgemeine Dienstpflicht sowohl für Männer, als auch für Frauen, ist verfassungs- und völkerrechtlich unzulässig. Eine Aussetzung der Wehrpflicht hätte den rechtlichen Vorteil, dass keine Verfassungsänderung notwenig ist und die Wehrpflicht bei veränderter sicherheitspolitischer Lage durch einfaches Gesetz wieder eingeführt werden kann.

4. Ökonomischer Befund
Die Wehrpflicht ist unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Wehrdienst- und Zivildienstleistende entrichten mit ihrer Dienstleistung eine Naturalsteuer, die in der heutigen Zeit nur noch selten anzutreffen ist. Nicht-Dienstleistende profitieren hingegen von der Dienstleistung der Verpflichteten, ohne dafür eine Abgabe zu entrichten. In dieser Hinsicht spielt die Wehrgerechtigkeit auch im Bereich der Steuergerechtigkeit eine entscheidende Rolle. Wehr- und Zivildienstleistende büßen ein geringeres Einkommen ein. Der Volkswirtschaft entgeht eine Wertschöpfung von ca. 3,4 Mrd. Euro. Kosten, die bisher für Musterung, Ausbildung und Material aufgebracht werden, würden bei Aussetzung der Wehrpflicht entfallen. Kreiswehrersatzämter könnten in erheblicher Anzahl reduziert werden. Die durch den Zivildienst entstehenden Kosten, z.Z. 650 Mio. Euro, würden gänzlich entfallen. Der Zivildienst tritt als Wettbewerber auf dem Markt für soziale Dienste auf. Insofern entsteht eine Verzerrung des Marktes. Eine Allgemeine Dienstpflicht hätte fatale ökonomische Folgen und erscheint wenig zweckdienlich. Studien haben ergeben, dass eine Freiwilligenarmee mit 220 000 Soldaten die kostengünstigste Wehrform darstellen würde. Des Weiteren wäre zu überlegen, ob ein erweitertes Out-Sourcing im Bereich der Bundeswehr realisierbar ist.

5. Gesellschaftspolitischer Befund
Die Bundeswehr ist von Verfassungs wegen integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Soldaten haben die gleichen verfassungsmäßigen Rechte und nehmen aktiv am gesellschaftlichen Leben teil. Das Parlament ist ständige Kontrollinstanz und der Wehrbeauftragte wahrt die Rechte der Soldaten. Es kann keine Gefahr ausgemacht werden, sollte es zur Aussetzung der Wehrpflicht kommen. Allerdings kann die Wehrpflicht nicht sicherstellen, dass die gesamte Bandbreite schulischer und beruflicher Qualifikationen unserer Gesellschaft Einzug in die Streitkräfte finden. Viel mehr kann festgestellt werden, dass sowohl die schulische, als auch die politische Orientierung ausschlaggebend für die Wahl des Dienstes ist. Gymnasiasten und linksorientierte Jugendliche präferieren den Zivildienst. Unzweifelhaft hat der Zivildienst einen großen sozialen Nutzen, dennoch begründet er keine eigene Pflicht. Das gesellschaftliche Meinungsbild zum Thema ist geteilt. Von den im Bundestag vertretenen Parteien hält einzig die CDU konsequent an der Wehrpflicht fest. Die SPD hat mit ihrer “freiwilligen Wehrpflicht” ein neues Modell vorgestellt, dass allerdings sehr teuer käme und verfassungsrechtlich bedenklich ist. DIE LINKE, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN setzen sich für deren Aussetzen bzw. Abschaffung ein. Nach Meinungsumfragen stimmen etwa 50% für die Beibehaltung und die andere Hälfte für die Aussetzung der Wehrpflicht. Allerdings befürworteten 73% der Bürger den Vorschlag der SPD.

6. Der internationale Vergleich
Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass 23 von 28 NATO-Staaten die Wehrpflicht bereits ausgesetzt haben bzw. aussetzen werden. Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland wäre in diesem Sinne also keine Ausnahme. Untersuchungen zu Folge werden sich die europäischen Streitkräfte zu Freiwilligenarmeen wandeln. Ein diesbezüglicher Trend ist deutlich erkennbar. Zudem spricht vieles dafür, dass eine europäische Armee eine Freiwilligenstreitkraft sein wird.

7. Die Alternative – Freiwilligendienste
Mit der Aussetzung der Wehrpflicht sollte die Förderung von Freiwilligendienste einhergehen. Finanzmittel, die frei werden, sollten ausnahmslos in die Förderung eben dieser Dienst fließen. Freiwilligendienste müssen attraktiv gestaltet werden. Dies muss ein gut durchdachtes Bonussystem beinhalten. Jugendliche, die sich für einen Freiwilligendienst entschieden haben, sollten keine Nachteile davontragen. Der Dienst muss dementsprechend bei der Studienplatzvergabe, aber auch bei der Arbeitsplatzvergabe, sofern dies möglich ist, berücksichtigt werden. Des Weiteren muss auch eine monetäre Kompensation in angemessener Höhe stattfinden.