Weltwärts – Wachstum statt Qualität

27. Mai 2010 4 Kommentare

In der letzten Zeit ist das Weltwärts Programm immer wieder negativ in den Medien aufgetaucht. Erst wurden die versprochenen Fördermittel um 11 Millionen Euro gekürzt, dann kam es durch die Kürzung bedingt zu unzähligen Absagen und am Ende wird vom Ministerium herausgegeben, dass die staatliche Organisation DED (Deutscher Entwicklungsdienst) ihre Weltwärts Stellen bis 2011 mehr als verdoppeln will, was eine Verstaatlichung des kompletten Programms vermuten lies.

Vor wenigen Tagen gab es eine Pressemitteilung, in welcher das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) angekündigt hat, dass es 2010 sogar 900 mehr geförderte Weltwärts Stellen geben wird, als 2009.

Diese Nachricht hat uns etwas hellhörig gemacht und wir wollten wissen, wieso es möglich ist mehr Stellen zu fördern, obwohl die Gesamtfördersumme nicht erhöht wird.

Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass obwohl die Gesamtfördersumme für 2010 nur 29 Millionen Euro beträgt und somit geringer als 2009 ist, trotzdem etwas mehr Gelder zur Verfügung stehen. Denn 2009 wurden von den Fördergeldern nur 28 Millionen Euro ausgegeben. Diese Differenz reicht aber noch nicht um die neuen 900 Plätze zu finanzieren.

Da sich das BMZ mit offiziellen Angaben zu den Förderungen immer sehr bedeckt hält, ist es leider nur sehr schwer Nachvollziehbar welche Organisationen wie viel bekommen und wie die Einsatzplätze gefördert werden. Wie wir anhand der uns vorliegenden Zahlen festgestellt haben, ist diese Verschleierung auch durchaus im Interesse vom BMZ.

Vor einigen Monaten wurden alle Entsendeorganisationen dazu aufgefordert, eine Auflistung der für 2010 und 2011 benötigten Gelder an das BMZ zu schicken. Das BMZ hat daraufhin den einzelnen Entsendeorganisationen geschrieben, wie viel Geld für sie zur Verfügung stellt.

Wir haben die Daten von 24 Entsendeorganisationen verglichen, welche zusammen eine Fördersumme von knapp 2 Millionen Euro für 2010 beantragt haben.

Bei einem Vergleich der uns vorliegenden Daten, wird aber sehr schnell deutlich, dass von der beantragten Fördersumme nur 72% der Fördergelder genehmigt wurde. Auf diese Entsendeorganisationen kommen also aufgrund der fehlenden Förderung noch einmal Mehrkosten von 560.000 Euro zu.

Das BMZ verspricht eine Förderung der Weltwärts Stellen mit bis zu 75 %. Anhand obiger Rechnung lässt sich aber leicht erkennen, dass die aktuelle Förderung nur 54% der Kosten beträgt!

Durch diese extreme Kürzung der Fördersumme, steht dem BMZ natürlich mehr Geld zur Verfügung, welches es für weitere schlecht geförderte Weltwärts Stellen verwenden kann. Dies wird in Pressemeldungen dann als positive Entwicklung hervorgehoben um das angeschlagene Image des BMZ wieder zu verbessern.

Aber was bedeutet diese Kürzung eigentlich für die Praxis?
Auf die Entsendeorganisationen kommen auf einmal wesentlich höhere Eigenkosten zu als ursprünglich geplant, das Budget der Entsendeorganisationen bleibt aber gleichgroß. Gerade kleinere Entsendeorganisationen können es sich dadurch nicht mehr leisten Freiwillige zu versenden oder müssen auf extreme Sparmaßnahmen zurückgreifen.

Um die Kürzung der Fördergelder schönzureden, verwendet das BMZ bereits seit langen die Begründung, dass eine Qualitätssteigerung wichtiger ist als Wachstum.

Mit der erneuten Geldumverteilung geht man aber genau den entgegen gesetzten Weg. Das inoffizielle Motto scheint also “Wachstum statt Qualität” zu sein, denn damit die Entsendeorganisationen aufgrund der gesunkenen Förderung den Weltwärts Dienst weiterhin ermöglichen können, muss in Zukunft an sehr vielen Stellen gespart werden. Wie die Vergangenheit zeigt, führen Einsparungen aber auch fast immer zu Qualitätsverlusten.
Die Leidtragenden werden die Freiwilligen sein!

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4 Responses to “Weltwärts – Wachstum statt Qualität”

  1. Tilvi Says:

    Recht habt ihr. Das mit Quantität statt Qualität ist, weltwärts betreffend, nichts Neues. Beim DED werden ständig die Entsendezahlen erhöht, was nicht gerade dazu beiträgt, dass die Stellen gut ausgesucht und geprüft werden können…
    Aber noch eine Bitte an den Autor der Artikel: Ich will ja nicht meckern, aber das Wort “Budget” kommt in fast jedem deiner Artikel vor und mich wundert, dass dein Rechtschreibeprogramm nicht erkennt, dass da ein “t” dran gehört. ;)

  2. Heiner Says:

    Danke für den Hinweis. In Sachen Rechtschreibung bin ich schon immer sehr flexibel ;)

  3. Naila Says:

    Joa, aber man hoert auch, dass die Kuerzung an von einigen Organisationen nicht ausreichend genutzten Geldern liegt.
    Nach dem Motto ” Wenn ihr das Geld nicht nutzt, also auch nicht braucht, dann bekommt ihr auch nicht mehr…”

  4. Heiner Says:

    Das ist eines der lustigsten Argumente welches in der Weltwärts Diskussion immer mal wieder kommt. Es gibt sicher vereinzelte Organisationen, welche nicht das ganze genehmigte Geld beanspruchen, dies kann aber auch ganz einfache Hintergründen habe, z.B. das ein Projekt billiger durchgeführt werden konnte als erwartet. Das sind allerdings wirklich nur absolute Ausnahmen und nicht repräsentativ für die Mehrheit der Organisationen.

    Das letztes Jahr nicht alle Gelder genutzt wurden, lag nicht daran, dass die Organisationen es nicht wollten.

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