Bundesfreiwilligendienst – mehr Schein als Sein

19. November 2010 Keine Kommentare

Der neue Bundesfreiwilligendienst ergänzt die bisherigen Freiwilligendienste um ein neues Programm. Als geplantes Nachfolgeprogramm für den Zivildienst, sind natürlich alle bisherigen Zivildienststellen auch automatisch anerkannte Stellen für den Bundesfreiwilligendienst. Voraussichtlich ab Juli 2011 können bis zu 35.000 Personen aller Altersgruppen einen Freiwilligendienst in diesen Stellen aufnehmen. Im Gegensatz zum Zivildienst ist die Teilnahme natürlich auch für Frauen möglich.

Wenn du am Bundesfreiwilligendienst teilnehmen möchtest, verpflichtest du dich für mind. 6 und maximal 24 Monate. Die tägliche Arbeitszeit soll dabei einer Vollbeschäftigung nahekommen. Wie auch beim Zivildienst muss die Einsatzstelle für Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung für den Freiwilligen sorgen oder eine nicht näher definierte finanzielle Entschädigung leisten.

Eine der wichtigsten Änderungen gegenüber bisherigen Freiwilligendiensten ist, dass während des Bundesfreiwilligendiensts das Kindergeld nicht weitergezahlt wird. Zusätzlich wird es auch eine unterschiedliche Bezahlung für Freiwillige im Osten und Westen geben. Während Freiwillige im Westen ein maximales Taschengeld von 324 Euro erhalten, wird der eh schon geringe Betrag im Osten auf 272 Euro gekürzt. In der Praxis wird das Taschengeld aber wahrscheinlich noch weit unter den maximalen Beträgen liegen, denn in der offiziellen Ankündigung heißt es:

Das Taschengeld und die übrigen Leistungen werden nicht vorgegeben, sondern frei vereinbart.

Auf gut Deutsch heißt dies also, dass gerade beliebte Einsatzplätze ein regelrechtes Lohndumping machen können.

Insgesamt gesehen ist der Bundesfreiwilligendienst eher sehr kritisch zu sehen.
Das Bundesministerium hat sich dafür entschieden vorhandene Freiwilligendienste nur minimal zusätzlich zu Fördern und lieber ein eigenes medienwirksames Programm zu starten. Durch die doppelte Besetzung vieler bereits vorhandener Stellen werden unnötig viele Gelder verbrannt. Auch für die Einsatzstellen ist es natürlich ein wesentlich höhere Aufwand, wenn man sich sowohl um die Administration von FSJ wie auch Bundesfreiwilligendienst stellen kümmern muss.
Zum Schluss noch ein kurzes Zitat von dem Bundestagsabgeordneten Harald Koch:

Die schwarz-gelbe Koalition schafft so Jugendfreiwilligendienste erster und zweiter Klasse. Obwohl die Bundesförderung für bestehende Jugendfreiwilligendienste ausgebaut wird, ist es bedenklich, dass Parallelstrukturen zu existierenden und gut funktionierenden Jugendfreiwilligendiensten entstehen. [...] Von einer »harmonischen Ergänzung« kann man beim besten Willen nicht sprechen. Ich befürchte, dass dieser staatlich organisierte Quasi-Zivildienst durch entsprechende Rahmenbedingungen attraktiver gemacht und damit zugleich die Nachfrage an bestehende Jugendfreiwilligendienste zurückgehen wird. Der neue Dienst ist zudem eine Bestandsgarantie für das eigentlich überflüssige Bundesamt für Zivildienst, welches ab jetzt erweiterte Aufgaben zu erfüllen hat.

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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